14/12/2021 von Verfahrensrecht in Zeiten von Corona
Doppelte Impfung führt nicht zwingend zu unbeschränktem Zugang zu Gerichtsverfahren.
Die sitzungspolizeiliche Generalklausel des § 176 GVG ermächtigt den Vorsitzenden, den Zutritt zum Sitzungssaal vom Nachweis einer negativen Testung auf das Coronavirus SARS-CoV-2 abhängig zu machen. Eine entsprechende Anordnung kann auch gegenüber geimpften Personen verhältnismäßig sein.
In dem streitgegenständlichen Fall, hatte die Vorsitzende der 2. Jugendkammer des LG Hannover am 9.7.2021 für die am 12.8.2021 stattfindende Hauptverhandlung im Rahmen einer Sicherungsverfügung die Vorlage eines tagesaktuellen negativen Corona-Tests verlangt.
Angesichts der Tatsache, dass auch Geimpfte, das Virus weitertragen können, erhielt das mit der Entscheidung befasste Oberlandesgericht Celle die Sicherungsverfügung für verhältnismäßig und damit rechtmäßig.
Demnach stellt die getroffene Sicherungsverfügung keinen unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der anwaltlichen Beschwerdeführer dar. Zwar bedeute die Verfügung eine Einschränkung der gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung. Diesem Grundrecht stehe jedoch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der übrigen Verfahrensbeteiligten und Zuschauer gemäß Art. 2 Abs. 2 GG entgegen. Beide Grundrechtspositionen seien daher gegeneinander abzuwägen
Insoweit bewertete der Senat, die durch einen obligatorischen Schnelltest verursachte Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit als äußerst gering im Verhältnis zum angestrebten Schutzgut sämtlicher Verfahrensbeteiligten vor gesundheitlichen Gefahren und damit zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem Coronavirus.
OLG Celle, Beschluss v. 2.8.2021, 2 Ws 230/21 u. 234/21
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